Gut besuchter Vortrag über Photovoltaikanlagen auf Freiflächen

Klaus Lachenmaier vom Landesjagdverband gab einen Überblick über Auswirkungen auf Wildtiere und Jagd

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Nach der Begrüßung durch KJM Florian Dietzel verwies Lachenmaier zunächst auf die Auswirkungen des Gesetzes für erneuerbare Energien (EEG) in Baden-Württemberg, nach dem zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien vorgesehen sind. Insofern sehen nicht nur der LJV, sondern auch die Naturschutzverbände noch erheblichen Beratungsbedarf bei Nutzung des Offenlandes. Im Wald ist der Bau von 500 bis 1000 neuen Windrädern geplant.

Durch Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes ist bei der Planung nunmehr das beschleunigte Ausnahmeverfahren die Regel. Parallel gibt es Artenschutzprogramme sowie eine Planungsgrundlage zu Auerhuhn und Windkraft.

Lachenmaier erläuterte, dass im Offenland verschiedene Tierarten betroffen seien, deren Vorkommen sich bereits deutlich reduziert habe und deren Lebensraum sich durch die geplanten Freiflächenanlagen weiter verändern und einschränken werde. Auf der Liste der geschützten Niederwild-Arten befänden sich insgesamt gerademal noch 15 Tierarten. Bei diesen dürfe nach aktuellem Stand lediglich der Erhaltungszustand nicht verschlechtert werden. Gegebenenfalls müsse die Tierart dann an anderer Stelle in der Natur gefördert werden.

Das Auerhuhn mit einem Bestand von aktuell (nur noch) 97 Hähnen komme in Baden-Württemberg noch auf ca. 60.000 ha vor. Hiervon würden 15.000 ha zur Nutzung für Freiflächenanlagen freigegeben, wobei jeweils ein Puffer von 650 m Abstand zum Auerhahnvorkommen eingehalten werden müsse.

Der Referent betonte, für Wildtiere stellten diese Anlagen dennoch ein Risiko dar. Bei flächenhafter Bebauung würden vorhandene Wildtierkorridore unterbrochen. Zwar gebe es bereits Grünbrücken (z. B. an Autobahnen), aber auch zusätzliche Solaranlagen, die durch festinstallierte Zäune die natürliche Bewegung der Wildtiere weiter beeinträchtigen oder sogar gänzlich blockieren könnten. Hier sei im Rahmen des Biotopverbunds und des Generalwegeplans unbedingt eine ökologische Gestaltung mit Umsetzung der Agrarbiodiversität zu beachten.

Beispiele für Ausgleichmaßnahmen um die Anlage herum seien eine artenreiche Grasmischung und auch ein Zaun mit einer Bodenfreiheit von 20 cm (Durchschlüpfen des Rebhuhns). Dadurch komme es im eingezäunten Gebiet sogar zu weniger Störungen für das Niederwild. Ebenfalls beispielhaft nannte Lachenmaier hierzu die Broschüre des LJV Schleswig-Holstein (Download unter www.wildtierforum-bw.de). Weiter gebe es die Möglichkeit sogenannter „Käferbanken“ („beetle banks“), also zwei brachliegende, etwa 40 cm hohe  Pflugreihen, die sich von selbst begrünen und eine Oase für Insekten und fürs Niederwild darstellen.

Lachenmaier hob weiter das noch ungeklärte Problem des Vogelschlags hervor, bei dem die Tiere möglicherweise die glänzende Fläche für Wasser halten. Schwierig sei auch die Abwärmeproblematik, insbesondere bei Floating-Photovoltaik-Anlagen, also auf Gewässern. Hierdurch werde der positive Effekt der Schattenbildung zunichte gemacht und es komme zu einer zusätzlichen Erwärmung der Gewässer

Bei den Agri-Photovoltaikanlagen – die auf hohen Ständern stehen und unter denen die Bewirtschaftung auch mit Schleppern möglich ist – gebe es im Moment fünf Pilotprojekte, eines davon am Bodensee. Leider finde hier keine biologische Begleitforschung statt, bedauerte Lachenmaier.

Trotz früherer schlechter Erfahrungen sei das Energiethema im Moment sehr dringlich. Dennoch sollten (noch) schlimmere Fehler vermieden werden. Letztlich legte Lachenmaier Wert darauf, dass erschwerte Jagdausübung grundsätzlich vermieden, zumindest aber ausgeglichen werden müsse. Hierzu verwies er  als Unterstützung auf das LJV-Positionspapier sowie die EEG-Direktive und weitere DJV-Materialien.

Im Anschluss wurde über das Thema diskutiert, zumal viele der anwesenden Jäger bereits eigene praktische Erfahrungen mit Photovoltaikanlagen machen durften.

Matthias Busch wies darauf hin, dass für eine PV-Anlage ein Bebauungsplanverfahren erforderlich ist, sodass die Gemeinde auf das Projekt Einfluss nehmen kann. Insofern ist der gute Kontakt zur Gemeinde unbedingt nötig.

Hariolf Scherer ergänzte, dass für Bad Mergentheim und Ortsteile bereits ein Kriterienkatalog erarbeitet wurde, wie und wo PV-Anlagen gebaut werden dürfen (kann über die Homepage der Stadt heruntergeladen werden). Dieser sei einer der jagdfreundlichsten Kataloge in Baden-Württemberg. So werde beispielsweise pro Jahr nur ein Bebauungsplanverfahren zugelassen und Ausgleichsflächen müssten in unmittelbarer Nähe geschaffen werden. Schwierig sei es allerdings, mit dem Druck der Industrie und großer Betriebe umzugehen, die natürlich ihren Strombedarf sicherstellen wollen und müssen.

Prof. Dr. Peter Baier merkte an, dass es auch beim Bau von Windrädern  im Wald nachweislich zu Nachteilen für Wildtiere komme. Als Beispiel wurde das Balzverhalten der Waldschnepfe genannt, da das Überstreichen über die Baumwipfel durch Windräder eingeschränkt werde.

Jan Westermann wies auf weitere Minderungen hin, z. B. durch Baumaßnahmen und Bodenaushub zur Verlegung von Kabeln. Auch seien Windräder privilegiert, also kein Bebauungspanverfahren notwendig. Dieses sei lediglich bei den nicht privilegierten PV-Anlagen erforderlich.

Frank Stier berichtete vom bereits erfolgten Bau einer PV-Anlage in Oberrimbach  und insgesamt 38 (sic!) beteiligten Behörden im Genehmigungsverfahren. Die Auflagen seien sehr heftig gewesen.

Klaus Lachenmaier verwies noch auf ein vorgesehenes Modellprojekt, das mit Finanzmitteln der Gothaer Versicherung verwirklicht werden soll. Ein zeitlicher Rahmen hierfür sei allerdings noch nicht bekannt.

Von Otto Busch kam noch die Frage nach dem Versicherungsschutz, falls durch einen Schuss die Anlage oder eine Paneele beschädigt wird. Da die Leistung der Anlage sich aus dem schwächsten Element ergibt, könnten hierdurch gewaltige Ausfälle und damit auch Ersatzforderungen entstehen.

Jochen Schmidt griff dieses Thema auf: Wenn ein Abstand von 30 m zur PV-Anlage eingehalten werden müsse, sei ein Schuss bei vielen jagdbaren Flächen überhaupt nicht mehr möglich. Auch bei Drückjagden könnten in diesen Bereichen Schützen überhaupt nicht mehr angestellt werden. Auch dies sei eine deutliche Minderung der Jagdausübung.

In der anschließenden Diskussion ergaben sich noch viele offene Fragen, zu denen dringend praxisbezogene Lösungen erarbeitet werden müssen.

Abschließend bedankte sich KJM Florian Dietzel mit einem Weinpräsent bei Klaus Lachenmaier für dessen sachkundigen und interessanten Vortrag.

Es bleibt noch anzumerken, dass die Jagdhornbläser in bewährter Weise die Bewirtung im Jägerhaus übernommen hatten.

Text und Fotos: CLa